Exponat des Monats

April 2015

Fahne der „Marianischen Jungfrauen Congregation Benolpe“ aus dem Jahr 1911

Ostern, das höchste und älteste Fest der Christen im Kirchenjahr, steht bevor. An ihm wird die Auferstehung des am Kreuz gestorbenen Jesus Christus gefeiert. In feierlichen Gottesdiensten, die man in einer festlichen Liturgie begeht, waren früher stets alle kirchlichen Fahnen um den Altar gereiht. Eine über 100 Jahre alte Kirchenfahne stellt das Museum der Stadt Lennestadt als „Exponat des Monats April“ vor. Es ist eine Fahne der „Marianischen Jungfrauen Congregation Benolpe“ aus dem Jahr 1911, einer Leihgabe der Katholischen Kirchengemeinde St. Elisabeth Benolpe.

Als Kirchenfahne bezeichnet man eine bei zeremoniellen Anlässen der katholischen Kirche benutzte Fahne besonderer Machart. Sie wird an einer Querstange an mehreren Ringen oder Stoffschlaufen aufgehängt und hängt von dieser senkrecht herunter. Unten ist sie meist zweimal eingeschnitten, so dass drei Hängel entstehen, die mit Fransen besetzt sind. In der Regel ist der mittlere Hängel größer als die beiden seitlichen. Eine solche Kirchenfahne wird auch Gonfalon genannt. Ganz typisch für diese Art der Fahnen ist die hier vorgestellte Fahne aus Benolpe mit den Maßen 80 x 130cm.


Foto: Peter Schauerte, Benolpe

Mittig auf blauen Hintergrund ist die in einem langen weißen Gewand und mit blauem – innen rot ausgeschlagem – Umhang bekleidete heilige Maria zu sehen; stehend auf der Erdkugel, mit Mondsichel und Schlange zu ihren Füßen. . Sie breitet ihre Hände weit aus, von denen Strahlen hervorgehen. Der ihren Kopf umgebende Heiligenschein ist mit 12 Sternen verziert. Über ihrem Kopf schwebt der Hl. Geist in Form einer Taube. Strahlen gehen von ihm aus. Die beiden grauen und gelben Seitenstreifen der Fahne sind mit farbenprächtigen Ornamenten verziert. Alle drei Hängel haben am unteren Ende goldfarbene Fransen.

Die Rückseite der Fahne trägt in der Mitte ein großes Emblem, bestehend aus zwei Halbkreisen, die jeweils die Buchstaben „A“ und „R“ tragen. Diese beiden Buchstaben könnten für „Ave Regina“ stehen. Der Buchstabe „A“ hat zwei Querstriche, also ein Doppel-A. Diese zwei „A“ könnten für die von der Congregation verehrte Nebenpatronin, die hl. Agnes, und den Nebenpatron, den hl. Aloysius, stehen. Was dieses Emblem mit den beiden Buchstaben aber letztendlich bedeutet, ist dem Museum leider noch unklar. Kann hierüber jemand Auskunft geben? Oberhalb dieses Emblems ist der Name des kirchlichen Vereins angegeben „Marianische Jungfrauen Congregation“. Unterhalb des Emblems sind eingestickt „Benolpe“ und die Jahreszahl „1911“.

Mit seiner Enzyklika zum 50-jährigen Jubiläums der Verkündigung des Dogmas der Immaculata (1904) durch Papst Pius X kamen neue Impulse in der Marienverehrung auf. In Deutschland bildeten sich in dieser Zeit viele Marianischen Kongregationen mit dem Ziel, in einer stärkeren Marienverehrung den „sichersten, schnellsten und vollkommensten Weg zu Christus“ zu finden.

So kam es auch in der am 1. März 1905 neu gegründeten Filalkirchengemeinde Benolpe, gleichzeitig mit dem eingeleiteten Kirchenneubau, zu einer Belebung des kirchlichen Lebens im Dorf. Durch den damaligen Ortsvikar Wintersohle wurde im Jahr 1911 die „Marianische Jungfrauen-Congregation von der unbefleckten Empfängnis Mariä in der Filialgemeinde Benolpe“ gegründet. Gemäß des noch vorliegenden Kongregations-Protokollbuches erfolgte die Gründungsversammlung am 11.Juni 1911. Bei der ersten Vorstandswahl am 23. Juli 1911 wurde Frau Luise Müller mit zur Präfektin gewählt. Am 21. August 1911 fand dann durch Pater Henze die erste feierliche Aufnahme der Jungfrauen in die Kongregation statt. Zwischen dem 20. August 1911 und dem 13. Juni 1915 traten insgesamt 66 junge Damen der Kongregation bei. Sehr erstaunlich ist es aber, dass nach dem Protokollbuch 1915 nur noch fünf Damen als Mitglieder verzeichnet sind. 61 Damen hatten bis dahin aus den unterschiedlichsten Gründen die Kongregation verlassen (27mal Verheiratung, 15mal verzogen, 8mal Tod. 6mal Austritt und 5mal Klostereintritt). Ein Grund für den rapiden Mitgliederschwund dürften die nach heutigen Maßstäben strengen Statuten gewesen sein. So mussten sich die Mitglieder unter anderem verpflichten „keine zu frühe noch allzu lange dauernde Bekanntschaft zu haben“, „bei ehrbarer und erlaubter Bekanntschaft, welche die bestimmte Absicht und Aussicht auf eine baldige Ehe voraussetzten, alle unnötigen und verdächtigen Besuche zu vermeiden und in der Regel sich mit dem Verlobten in Gegenwart der Eltern oder deren Stellvertreter zu unterhalten“. An Tanzbelustigungen sollten sich sich „selten, besser gar nicht beteiligen“ und „alle gefährlichen, besonders nächtliche Zusammenkünfte meiden“.

In der NS-Zeit hatten es die kirchlichen Vereine sehr schwer. Bei einer Beerdigung am 18. Januar 1945 wurde in althergebrachter Weise diese Marienfahne von jungen Mädchen mitgeführt. Dieser Umstand hatte eine Anzeige bei der Geheimen Staatspolizei zur Folge. Dem Pfarrvikar wurde dann bekannt gegeben, dass Vereinsfahnen nur aufgerollt mitgetragen und erst am offenen Grab aufgerollt werden dürften.

Der letzte Eintrag in das Protokollbuch der Congregation ist vom 21. Januar 1945, also nur drei Tage nach dem oben geschilderten Vorfall. Danach verlieren sich die Spuren des Vereins.

Text: Walter Stupperich

 

Zu sehen ist die hier vorgestellte über 100 Jahre alte Kirchenfahne im Alten Amtshaus des Museums der Stadt Lennestadt am Ostersonntag, dem 5. April 2015, von 14 -17 Uhr.
An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr sowie donnerstags von 9 -12 und 14 -18 Uhr geöffnet.
Der Eintritt im Alten Amtshaus ist frei.