Exponat des Monats

August 2015

Kugelverschlussflaschen für Mineralwasser, etwa 80 Jahre alt

Sommer – Sonne – Hitze ! Das sind eigentlich die Merkmale für den Hochsommermonat August. In diesem Jahr hatten wir bereits schon in den Monaten Juni und Juli etliche Hochsommertage – die Hitzerekorde erreichten neue Höhepunkte. Um auch während der Hitze fit zu bleiben, braucht der Mensch genügend Flüssigkeit. Das beste Getränk ist und bleibt Wasser – aus der Leitung oder aus der Flasche, je nach Geschmack oder Verträglichkeit mit oder ohne Kohlensäure. Zwei Arten der ersten Flaschen, die für die Aufbewahrung von kohlensäurehaltigem Mineralwasser geeignet waren, zeigt jetzt das Museum der Stadt Lennestadt. Es handelt sich dabei um zwei Kugelverschlussflaschen, Leihgaben des Heimat- und Verkehrsvereins Grevenbrück.

Im Jahr 1772 gelang es dem Engländer Joseph Priestly ein kohlensäurehaltiges Mineralwasser herzustellen. Ein Problem tauchte aber auf. Es gab noch keine brauchbaren Verschlüsse für die verwendeten Glasflaschen, durch die Kohlensäure flogen die Korken heraus. Erst im Jahr 1872 entwickelte der Engländer Hiram Codd ein Flasche, die durch eine Glaskugel verschlossen wurde: die Kugelverschlussflasche. In den darauffolgenden Jahren erlangte sie weltweite Verbreitung. Getränkehersteller, die diese Technik benutzen wollten, hatten zunächst jährlich Lizenzzahlungen an Codd zu entrichten. Nach vielen Jahrzehnten wurden die Kugelverschlussflaschen nach und nach durch Flaschen mit Bügelverschluss oder Kronkorken verdrängt. In England wurde die Produktion um 1930 eingestellt, in Deutschland lief die Produktion noch bis mindesten 1959 weiter.



Foto: Museum der Stadt Lennestadt (©)

Der Kugelverschluss funktioniert nach dem Prinzip eines Kugelventils. Er setzt sich aus einer im Inneren der Flasche frei beweglichen Glaskugel und einem Gummiring zusammen, der als Dichtung ins Glas unterhalb der Flaschenöffnung eingebettet ist. Durch den Druck der Kohlensäure im Flascheninneren wird die Glaskugel gegen den Gummiring im Flaschenhals gepresst. Solange der Druck im Inneren der Flasche größer als der Umgebungsdruck ist, wird die Kugel gegen den Gummiring gepresst und schließt dessen Öffnung dicht ab. Die Glaskugel nannte man auch „Klicker“ oder „Knicker“, weshalb man die Flaschen auch „Klickerflaschen“ oder „Knickerflaschen“ nannte.

Zum Öffnen der Flasche wird die Kugel mittels eines Fingers oder eines Stabes in den Flaschenhals gedrückt, wobei der Innendruck entweichen kann. Die Kugel bewegt sich dadurch minimal und gibt einen Spalt zwischen Kugel und Gummiring frei. Durch diesen hindurch strömt das Kohlendioxidgas aus der Flasche. Der Innendruck nimmt auf Umgebungsniveau ab. Die Kugel ist daraufhin nur noch der Gewichtskraft ausgesetzt und fällt in das Getränk. Damit die Kugel beim Entleeren oder Trinken aus der Flasche nicht in den Gummiring zurückrollt und so die Flasche wieder verschließt, befinden sich im Flaschenhals zwei Vorsprünge, die die Kugel im Hals zurückhalten. Unterhalb des Flaschenhalses gibt es aber noch eine weitere Verjüngung, auf der die Kugel beim Abstellen der Flasche zu liegen kommt und diese dann wieder provisorisch verschließt.

Die beiden vom Museum präsentierten Flaschen tragen Hersteller-Gravuren. Die braune Flasche trägt die Gravur „Victory“. Diese Flasche dürfte von der englischen Firma „Victory Mineral Water Works“ stammen. Die helle Flasche trägt die Aufschrift „Carl Nebgen, Limonadenfabrik, Cöln & Hannover, 0,25 l.“ Carl Nebgen produzierte in Köln Tafelwasser und kann auch als Erfinder der Büdchen, Trinkhallen und Kioske angesehen werden, die es noch bis in die 1980er Jahre unter diesem Namen in Köln und Hannover gab.

Kugelverschlussflaschen sind noch heute in Japan und Indien bei Erfrischungsgetränken in der Nutzung. Da bei uns früher die Flaschen von Kindern häufig zerschlagen wurden, um an die Glasmurmel heranzukommen, sind relativ wenige Exemplare erhalten geblieben und Knickerflaschen heute seltene Sammlerobjekte.

Zu sehen sind diese originellen kaum noch bekannten Mineralwasserflaschen im Alten Amtshaus des Museums der Stadt Lennestadt am Sonntag, dem 02. August 2015, von 14 -17 Uhr. An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr sowie donnerstags von 9 -12 und 14 -18 Uhr geöffnet.
Der Eintritt im Alten Amtshaus ist frei.

Text: Walter Stupperich