April 2019
Klapper aus Holz, um 1950
Ein alter Osterbrauch, der vorrangig in katholischen Gegenden gepflegt wurde und auch im Sauerland noch bekannt sein dürfte, steht im April im Mittelpunkt des Museums der Stadt Lennestadt:. Es geht um das Ratschen. Mit hölzernen Idiophonen wie Ratsche, Raspel und Klapper ziehen meist Kinder in der Karwoche durch die Orte und erinnern die Bewohner mittels der laut tönenden Instrumente und thematisch passenden Sprüchen an Gebetszeiten und Gottesdienste. In Hallenberg ist der traditionelle Brauch nie in Vergessenheit geraten und wird jedes Jahr von Neuem begangen, in Bilstein wird er nach einem Aufruf zum Bau eigener Klappern gerade wiederbelebt.
Exponat des Monats April ist eine hölzerne Klapper aus den 1950er Jahren. Sie kam in den Bestand des Museums der Stadt Lennestadt durch den Heimatverein Grevenbrück. Das Instrument,wahrscheinlich selbstgebaut und offenbar notdürftig repariert, besteht aus einem beweglichen hölzernen Hämmerchen in einer metallenen Halterung und einer hölzernen Leiste mit Griff. Bei Hin- und Herbewegen entsteht so ein typisch klapperndes Geräusch.
1534 heißt es zu der Tradition des Ratschens bereits in Sebastian Francks „Weltbuch“: „da fert man mit einem klopffenden karren vn vil tafeln in der statt herumb / beruefft das volck inn die kirchen zur Passion.“ Das „Weltbuch“ gilt als erste deutschsprachige Kosmographie und bildet vorrangig damalige Sitten und Gebräuche des menschlichen Zusammenlebens ab. 1774 beschrieb der Theologe Richard Tecker das Ratschen wie folgt: “Der Charfreytag und die Charwoche haben ihren Nahm von dem rasselnden und schepernden Karren, den man vor Zeiten (in den Tagen, wo die Glocken still schwiegen), herumführte und dadurch das Volk zum Gottesdienst rufte. Wir haben nun die Rätschen anstatt diesem RasselKarrren; doch ist er noch heut zu Tage in einigen Städten gebräuchlich.“ Tecker irrte sich zwar hinsichtlich der Wortherkunft, denn die Vorsilbe „Kar-“ leitet sich vom althochdeutschen Wort „chara“ für „Trauer“ ab, nicht von dem lärmenden „Karren“; der Brauch aber hatte sich offenbar schon so verändert, dass statt des Karrens bereits – so wie auch heute noch – hölzerne „Rätschen“ genutzt wurden.
Die Klapper kann ab Dienstag 02.04.2019, und natürlich zum monatlichen Museumssonntag am 07.04.2019 bis 17 Uhr besichtigt werden. Interessierten Besucher/innen stehen an diesem Tag wie immer Dauer- und Sonderausstellungsräume sowie die museumseigene Webstube, in der historisches Handwerk wie Weben und Spinnen vorgeführt wird, offen.
Ab 07.04. wird außerdem die vom Heimatverein Grevenbrück initiierte Ausstellung „Pas de Deux“ der Textilkünstlerin Hildegard Müller im Museum der Stadt Lennestadt zu sehen sein, die Eröffnung findet um 11 Uhr statt.
Quellen / zum Weiterlesen:
Bitzan, Florian: Lautstark durch die stillen Tage: Ratschen. 17.04.2014 https://religion.orf.at/stories/2639288/
Feldmann, Jens: Im Land der tausend Bräuche. 01.04.2018 https://woll-magazin.de/2018/04/01/im-land-der-tausend-braeuche/
Franck, Sebastian: Weltbuch: spiegel un[d] bildtniß des gantzen erdbo-dens. Tübingen 1534. https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs3/object/display/bsb10196807_00272.html
Höflechner, Walter: Karfreitag. In: Kastner, Georg / Mindler-Steiner, Ursula / Wohnout, Helmut (Hrsg.): Auf der Suche nach Identität: Festschrift für Dieter Anton Binder. Wien 2015.
Text: Antonia Krihl
Foto: Museum der Stadt Lennestadt