AktuellesExponat des Monats

Mai 2019

Strangtabak-Schneider, Firma Drux/Gebr. Brill, um 1930/40

Auch wenn das Sauerland viel­leicht nicht unbedingt die Ge­gend sein mag, die einem zuerst einfällt, wenn es darum geht, über geeignete Standorte für die Tabakindustrie nachzudenken, gründete J. W. Brill 1809 in Bilstein die erste Tabakwaren-Fabrik unter dem Namen „Ta­bak- und Cigarren-Fabriken Gebr. Brill“. Ähnlich wie fast alle Betriebe in der Gegend profitierte auch die Firma Brill ab 1861 erheblich von der neu entstandenen Bahnstrecke zwischen Hagen und Siegen, war so doch eine äußerst profitable Infrastruktur für den Export der Tabakpro­dukte geschaffen.

 

 

 

Aus der hiesigen Tabakindustrie also stammt das Exponat des Monats Mai 2019: ein sogenannter Strangtabak-Schneider, bestehend aus einer schmiedeeisernen Schneidevorrichtung mit Hebel auf einer hölzernen Platte zum stabilen Platzieren des Geräts. Hergestellt wahrscheinlich als Massenprodukt der 1922 gegründeten Fir­ma Fritz Drux (Gummersbach), wurde der hier vorgestellte Schneider von der Bilsteiner Firma Brill erworben, die Holzplatte beidseitig mit einem Besitzernachweis ver­sehen.

Auf der Unterseite lesbar ist „Gebr. Brill Bilstein Tabakfabrik“, auf der reprä­sentativeren Oberseite hingegen prangt der motivierend anmutende Spruch „Brills Strang Rauch noch lang“. Die Schneidevor­richtung des Geräts trägt zum einen die Prägung „Drux Tabakschneider“, zum an­deren den Stempel „D.R.G.M.“, der das „Deutsche Reichs-Gebrauchsmuster“ kenn­zeichnet. Eingeführt wurde diese Bezeich­nung 1891 vom Kaiserlichen Patentamt, in Gebrauch war sie in dieser Form bis 1945. Anfang 2018 konnte der Tabak-Schneider über eine Auktion für die Bestände des Museums der Stadt Lennestadt gewonnen werden.

 

 

Der Strangtabak-Schneider diente dazu, längere gerollte Tabak­stränge, etwa für Zigarren, in kleinere Einheiten für die Endnut­zung zu schneiden.

In Deutschland hatte sich der Ta­bakkonsum spätestens mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-48) fest etabliert. Obwohl die Abgabe des Tabaks zunächst eigentlich nur durch Apotheken erlaubt war, vergrößerte sich der Kreis der Konsumenten stetig. Bis weit ins 18. Jh. erfreute sich besonders das Pfeifenrauchen großer Beliebtheit, aber auch Schnupftabak und das Rauchen von Zigarren waren verbreitet. Letztere wurden gegen Anfang des 19. Jhs. von den bald beliebteren Zigaretten abgelöst. Zigarren bestanden aus fermentierten, gerollten Tabakblättern (hier kam der vorgestellte Tabak-Schneider zum Einsatz), für die kleineren Zigaretten verwendete man ebenfalls fermentierte, klein geschnittene Ta­bakblätter – eigentlich ein Restprodukt der Zigarrenproduktion. War das Konsumieren von Tabakprodukten noch bis in die 1990er Jahre ein gesell­schaftlich anerkannter Brauch des sozialen Miteinanders, ist die Akzeptanz heute aufgrund nachgewiesenermaßen gesundheitsschädigender Inhalts­stoffe stark gesunken.

Das Exponat des Monats kann ab 02.05.2019 und natürlich zum monatli­chen Museumssonntag am 05.05.2019 im Museum der Stadt Lennestadt besichtigt werden (Eintritt frei). Interessierten Besucher/innen stehen an diesem Tag wie immer Dauer- und Sonderausstellungsräume sowie die museumseigene Webstube, in der historisches Handwerk wie Weben und Spinnen vorgeführt wird, offen. Bis 19.05. wird außerdem die vom Hei­matverein Grevenbrück initiierte Ausstellung „Pas de Deux“ der Textil­künstlerin Hildegard Müller zu sehen sein.

Quellen/Zum Weiterlesen:

Firma Ralkana – Birgit Büchel (Abb. Rechnungskopf Fa. Brill, Bilstein)

Museum der Stadt Lennestadt: www.lennestadt.de/media/custom/2080_250_1.PDF?1331627326

Auvenne, Melanie: Feuer gefällig? Eine kleine Kulturgeschichte des Rau­chens. Berlin 2013. Siehe dazu auch das Interview „Eine Zäsur in der Kul­turgeschichte des Rauchens“ mit Melanie Auvenne der Gerda-Henkel-Stiftung vom 26.07.2016 (L.I.S.A.)

Wandel Antik Vintage, Markus Wildhagen: https://wandel-antik.de/shop/02931-strangtabak-schneider/

Text: Antonia Krihl

Foto: Museum der Stadt Lennestadt