Exponat des Monats

Februar 2013

Marmor-Relief des Grevenbrücker Bildhauers Franz Belke

 

Ein außergewöhnliches und bisher kaum bekanntes regionales Kulturgut stellt das Museum der Stadt Lennestadt als „Exponat des Monats Februar“ vor. Es handelt sich dabei um ein aus weißem Marmor gefertigtes Relief des Grevenbrücker Bildhauers Franz Belke aus dem Jahre 1924.

Das Relief stammt aus dem im Jahre 2011 abgerissenen Hotel Biggemann in Finnentrop. Es wurde im Rahmen des Abbruches dieses Gebäudes im Jahr 2011 von der Gemeinde Finnentrop gerettet. Die Gemeinde hat dieses Kunstwerk, bevor es einer anderweitigen Verwendung eventuell zugeführt wird, dem Museum der Stadt Lennestadt dankenswerter Weise als Leihgabe für diese Ausstellung zur Verfügung gestellt.

 

Foto: © Haymo Wimmershof

Das Relief befand sich in einer Nische im Erdgeschoss des Gebäudes. Es war das Oberteil einer mit rotem und schwarzem Marmor verkleideten Kühlanlage für Sektflaschen. Diese Anlage bestand aus einem in die Wand eingelassenen Becken mit einer abgerundeten offenen schwarzen Marmorplatte. Das Relief ist eine filigrane und künstlerisch erstklassige Bildhauerarbeit. Es wurde von Franz Belke mit Namen und der Jahreszahl 1924 signiert und hat eine Größe von 80 x 125 cm.

Haymo Wimmershof aus Olpe-Eichhagen hat sich um die fotografische Erfassung und die Deutung dieses Reliefs sehr verdient gemacht. Zu dem Kunstwerk von Belke sagt er: „Das Relief zeigt zwei allegorische weibliche Figuren. Sie sollen der volksmundlichen Überlieferung nach die Flüsse Bigge und Lenne darstellen, die direkt in der Nähe des Hotel zusammenfließen. Die Interpretation der Attribute der Figuren, Efeu, Zinnen und Merkur- oder Hermesstab, ergibt jedoch eher die Symbolik für Land, Stadt und Handel. Das macht schon deshalb Sinn, weil das Hotel seinerzeit auch ein Treffpunkt von regionalen und überregionalen Geschäftsleuten war.“

Das 2011 abgerissene „Hotel Biggemann“ hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Durch seinen Standort am Schnittpunkt von drei Bahnlinien (Ruhr-Sieg Strecke, Biggetal- und Frettertalbahn) hatte das Hotel in erster Linie eine wirtschaftliche Bedeutung. Es war seinerzeit der im ganzen Kreis Olpe am besten erreichbare Punkt für Geschäftsreisende und Sitzungen. Da entsprechende Bauakten nicht auffindbar sind, kann die Errichtung des Hotels durch den Gastwirt Clemens Justus Carl Oberstadt nur an Hand von Überlieferungen auf die Zeit kurz nach Eröffnung der Ruhr-Sieg Eisenbahn im Jahre 1861 bestimmt werden. Nach zweimaligem Inhaber- bzw. Pächterwechsel kaufte der Wirt Johann Biggemann 1902 das Haus. Ursprünglich hieß das Haus „Wirtschaft Oberstadt“, später dann „Zum Goldenen Anker“. Nach dem Übergang auf den Sohn Martin Biggemann bekam es den Namen „Hotel Biggemann“. In den „Goldenen 20-er Jahren“ war das Hotel ein bekanntes Tagungslokal in Südwestfalen. In diesen  Jahren bekam dann auch der Bildhauer Franz Belke den Auftrag zur Erstellung dieses Reliefs.

Franz Belke wurde am 17.8.1876 in Förde als Sohn des Bäckermeisters und Gastwirts Philipp Belke geboren. Nach dem Besuch der örtlichen Volksschule konnte der junge Belke seinen Berufswunsch verwirklichen und ging 1891 bei dem Bildhauer Anton Moormann in Wiedenbrück in die Lehre. Nach vier harten Lehrjahren und Ablegung der Gesellenprüfung folgten nun die damals üblichen Wanderjahre, die ihn bis nach Italien führten. In dieser Zeit erweiterte er sein Wissen, steigerte sein Können, sammelte Erfahrungen und begann mit ersten eigenständigen Arbeiten. Der junge hoch begabte Sauerländer erhielt dann auf Grund hervorragender Arbeiten schon früh ein Staatsstipendium und ging an die Kunstakademien Düsseldorf und München. Nach Abschluss seiner Studien ließ er sich 1904 in Förde als selbständiger Bildhauer nieder. Als eine der ersten größeren Arbeiten entstand 1904 das „Mälo“-Kriegerdenkmal in Förde. Sein Hauptanliegen war aber die Gestaltung christlicher Inhalte in Stein und Holz. Im ersten Weltkrieg war Franz Belke dann vier Jahre lang Soldat an der Westfront. Das Kriegserlebnis hat auf Belkes weiteres Schaffen bedeutenden Einfluss gehabt. Dieses schlug sich vor allem bei der Gestaltung seiner vielen Kriegerehrenmale in der näheren und weiteren Umgebung nieder. Viele Aufträge, die seinen Namen rasch bekannt machten, wurden ihm bald in großer Zahl zuteil. Er schuf die über 3 m hohe Monumentalfigur des hl. Petrus Canisius für die St. Patrik-Kathedrale in New York und die drei Meter hohe Christkönigsfigur in Wien. Am 18. Juli 1941, im Alter von 65 Jahren, war sein Lebenswerk abgeschlossen. Seine Werke zeugen von ihm und seiner geraden, schlichten Art, die ein Teil seines künstlerischen Wesens ausmacht. Er hätte kein „Abstrakter“ sein können; denn er war ein Bildhauer, der wusste, was er aussagen wollte und dessen Sprache darum unmissverständlich und volkstümlich im besten Sinne des Wortes war.   (Text: Walter Stupperich)

Zu sehen ist dieses fast gänzlich unbekannte künstlerische Werk eines heimischen Bildhauers im Museum der Stadt Lennestadt
am Sonntag, dem 03. Februar 2013, von 14 -17 Uhr.

An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr
sowie donnerstags von 9 -12 und 14 -18 Uhr geöffnet.
An diesen Tagen kann neben der Dauerausstellung auch noch
die Fotoausstellung „Zeitenwende“ besichtigt werden.
Der Eintritt ist frei.