Exponat des Monats

Januar 2016

Vor etwa 80 Jahren gebaut: die AGFA-Box 44

 

Weihnachten 2015 ist vorbei – alle Geschenke sind ausgepackt und erfreuen hoffentlich Beschenkte und auch die Schenker. Absolute Renner unter dem Weihnachtsbaum waren Technikgeräte, insbesondere aber Smartphones. Aber bereits zu Weihnachten des Jahres 1932 gab es einen solchen „Must-have-Artikel“: Es war die Agfa-Box-Kamera. Diese „Agfa Box 44“ aus 1932 stellt das Museum der Stadt Lennestadt als Exponat des Monats Januar vor. Sie ist eine private Leihgabe an das Museum.

Die Vorgeschichte der Agfa-Box begann 1931 in England. Bei der ersten von der Agfa I.G. Farbenindustrie AG in Deutschland vorgestellten Agfa-Box ging ein groß angelegter Test auf dem englischen Markt voraus. Dort verteilte die Zeitung „Daily Herald“ eine große Menge von Kameras, der weitere Tageszeitungen folgten. Die Fotohändler, die zunächst über diese Aktion verärgert waren, erfreuten sich aber kurz darauf am gigantischen Filmverkauf: die passenden Rollfilme waren sehr schnell vergriffen.


Im Januar 1932 kündigte AGFA an, Apparate an Schüler und Schülerinnen in Deutschland zu verschenken, „die sich auf irgendeinem Gebiet hervorgetan haben“. So gelangten im Februar 1932 mit den Zeugnissen rund 50.000 Kameras in die Schülerhände. „Es wird ein Lobgesang auf die Kulturfreudigkeit der AGFA angestimmt werden“, schrieb die Presse. Es stellte sich heraus, dass den Schülern ausgezeichnete Aufnahmen gelangen. Bei dieser „Schulprämie“ handelte es sich allerdings um eine besonders einfach gehaltene Box, an der zahlreiche Sparmaßnahmen die Herstellungskosten senkten.

Ab dem 9. Juni 1932 lief jeweils um die Mittagszeit eine Radiowerbung der AGFA mit der Frage: „Kennen Sie die deutschen Markstücke?“ Brachte man Markstücke mit den Prägungen A – G – F – A zum autorisierten Agfa-Händler, so gab es dafür die „Agfa-Box 44“, später auch „Preisbox“ genannt. Bei den Buchstaben handelte es sich um einen Code für die Prägestelle, A = Berlin, G = Karlsruhe und F = Stuttgart. Der Kamerapreis betrug also nur 4 RM. Diese legendäre Aktion steigerte den Verkauf der Box-Kamera auf über eine Million Stück. Unter manchem deutschen Weihnachtsbaum des Jahres 1932 war sie zu finden. Der Name AGFA wurde zu einem Begriff. Die Firma machte wohl bei dem Verkauf dieser Geräte zu 4 RM keinen Gewinn. In den folgenden Jahren wurde aber durch den Verkauf der dazu gehörenden Rollfilme ein unheimlicher Gewinn eingefahren, denn so ein Film bot gerade einmal 8 Bilder. Die Bilder besaßen ein Negativformat von 6×9.

Die vom Museum präsentierte „Box 44“ besitzt entsprechend der „Schulprämie“ ein Pappgehäuse, sie ist schwarz und weist einen belederten Blechdeckel auf. Ausführungen in blau oder schwarz mit lackierten Deckeln gab es ebenfalls, aber selten. Der Handgriff trägt entsprechend der „Schulprämie“ ebenfalls eine Prägung, die Agfa-Raute mit dem Schriftzug „Agfa“.

Die Handhabung der Box war einfach, denn nur zwei Hebel mussten bedient werden. Der obere Hebel schaltete den Verschluss von „Moment“ (1/30 Sekunde) auf Langzeitbelichtung. Der untere Hebel war der Auslöser. Hier löste jede Bewegung in eine Richtung den Verschluss aus. Auch das Einlegen des Films war leicht. Der große Transporthebel am Gerät wurde nach außen gezogen, anschließend der Kameradeckel mittels einer Feder geöffnet. Die Filmpatrone einlegen und dann den Transporthebel einrücken und so weit drehen bis das Wort „Start“ an der Kante der Filmbühne zu sehen kam, war einfach. Nach dem Schließen der Kamera drehte man den Film mit dem Transporthebel weiter bis man die Ziffer 1 im roten Sichtfenster am Kameradeckel sah. Nun konnte eine Aufnahme gemacht werden. Das Fotografieren mit einer Box war nicht schwer, keine Entfernungseinstellung und keine Belichtungseinstellung. Am besten hielt man die Kamera an den Bauch, nur so bekam man ein brauchbares Gesichtsfeld abgebildet. Zu wählen war dann nur noch durch zwei Brillantsucher das richtige Format – hochkant oder quer. Das Objektiv bestand aus einer konvexen Meniskuslinse 1 : 11.

Zu sehen ist diese historische Kamera im Alten Amtshaus des Museums der Stadt Lennestadt am Sonntag, dem 3. Januar 2016, von 14 -17 Uhr.
An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr sowie donnerstags von 9 -12 und 14 -18 Uhr geöffnet.
Der Eintritt im Alten Amtshaus ist frei.

Text: Walter Stupperich

Foto: Museum der Stadt Lennestadt