Exponat des Monats

Dezember 2015

Eine Heiligenlegende von 1880

Der Monat Dezember ist mit seiner Advents- und Weihnachtszeit ein seit vielen Jahrhunderten christlich geprägter Monat. Aus diesem Grunde präsentiert das Museum der Stadt Lennestadt in diesem Monat ein über 130 Jahre altes christliches Buch, eine Heiligenlegende. Diese Heiligenlegende mit dem Buchtitel „Das Leben der Heiligen Gottes“ wurde geschrieben von P. Otto Bitschnau, OSB, Professor und Kapitular des Benediktiner-Stiftes Einsiedeln. Das Buch, eine Leihgabe des Verfassers dieses Artikels, hat einen Umfang von 1600 Seiten und wurde 1880 von der Verlagsanstalt Benziger & Co. A.G. in Einsiedeln gedruckt. Es zählte seinerzeit zu den Standardwerken christlicher Literatur und wird auch heute noch in entsprechenden Artikeln vielfach zitiert.


Diese Heiligenlegende beginnt mit einem Vorwort des Bischofs von Linz, Franz Joseph Rudigier. Anschließend wird in kalendarischer Reihenfolge für jeden Tag des Jahres ein christliches Fest oder eine heilig- bzw. seliggesprochene Person, dessen Namensfest an diesem betreffenden Tag gefeiert wird, ausführlich beschrieben. Den Schluss dieses Buches bildet dann ein Inhaltsverzeichnis. In vielen Familien war es Brauch, zum Teil ist es das auch heute noch, dass täglich der entsprechende Kalendertag in der Heiligenlegende aufgeschlagen wird.

Die älteste Heiligenlegende ist die „Legenda aurea“ (lat. „Goldene Legende“), die von dem Dominikaner Jacobus de Voragine (1228-1298) wahrscheinlich in den Jahren um 1264 in lateinischer Sprache verfasst wurde. Dieser Dominikanerpater, der 1292 Erzbischof von Genua wurde, ordnete sein Werk nach dem Verlauf des Kirchenjahres. Für seine Predigtvorbereitungen und für die klösterlichen Lesungen sammelte er die unterschiedlichsten Legenden zu den einzelnen Heiligen. Den großen kirchlichen Festen widmete er ausführliche eigene Darstellungen. Die epochemachende Neuheit dieses Buches trat gleich nach seinem Erscheinen einen einzigartigen Siegeszug durch das ganze Abendland an. Die „Legenda aurea“ wurde in viele Sprachen und mehrfach ins Deutsche übersetzt. Die älteste deutsche Übersetzung ist wohl die „Elsässische Legenda aurea“, die vor 1350 in Straßburg/ Elsass entstand. Sie wurde das bekannteste und am weitesten verbreitete geistliche Volksbuch des Mittelalters.

Heiligenlegenden wurden im späten Mittelalter vor allem in Klöstern gelesen. Ziel dieser Lesungen war es, den Mönchen und Nonnen immer wieder das vorbildliche christliche Handeln der Heiligen vor Augen zu halten und sie auf diese Weise selbst zu vorbildlichen Christen zu erziehen. So sollten sie zu einem gottgefälligen Leben angeleitet werden, um dann nach ihrem Tod in den Himmel aufgenommen zu werden.

Grundsätzlich lassen sich daher drei wesentliche Funktionen der Heiligenlegenden feststellen. Erstens stellt sie den Heiligen als beispielhaftes Vorbild heraus, das die Leser zur Nachahmung aufruft. Zweitens ist der Heilige ein himmlischer Helfer, der bei jedem Problem angerufen werden kann. Besonders die „vierzehn Nothelfer“ wurden als Helfer in bestimmten Notlagen angerufen. Drittens kann in einer Legende Gott beschreibbar gemacht werden, der sonst den Augen der Mönche verborgen bleibt. In der katholischen Kirche werden Heilige heute nach wie vor als wichtige Vorbilder verehrt. Papst Benedikt XVI sagte in seiner Predigt zur Amtseinführung am 24.04.2005: „Die Schar der Heiligen Gottes schützt und trägt mich.“ Die Heiligenverehrung nimmt aber aus vielen Gründen, insbesondere aber in Deutschland, immer mehr ab und andere „Lichtgestalten“ werden entdeckt.

Im frühen Mittelalter entschied praktisch das Volk, wen es für heilig hält. Ab dem hohen Mittelalter tritt anstelle dessen ein kirchenrechtlich festgelegter Prozess der Heiligsprechung. Ein Sonderfall stellt nach der Reformation die evangelische Kirche dar. Diese lehnt eine formelle Selig- oder Heiligsprechung als Vorwegnahme der göttlichen Heilsentscheidung ab. Die Confessio Augustana empfiehlt aber ausdrücklich das Gedenken an Heilige, allerdings ausschließlich als Vorbilder im Glauben. Vor diesem Hintergrund haben auch offizielle Entscheidungsgremien evangelischer Kirchen Namen- und Heiligenkalender aufgestellt. In der liturgischen Praxis spielen diese allerdings kaum eine Rolle.

Zu sehen ist dieses über 130 Jahre alte ehemalige Standardwerk christlicher Volksfrömmigkeit
im Alten Amtshaus des Museums der Stadt Lennestadt
am Sonntag, dem 06. Dezember 2015, von 14 -17 Uhr.
An Werktagen ist das Museum
geöffnet
dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr
sowie
donnerstags von 9 -12 und 14 -18 Uhr
.
Der Eintritt im Alten Amtshaus ist frei.

Text: Walter Stupperich

Foto: Museum der Stadt Lennestadt