Mai 2017
Nach einem langen Winter haben die Handwerker jetzt Hochkonjunktur. Das Handwerk ist allerdings im Umschwung begriffen: Betriebe, die innovative, kreative und komplexe Leistungen anbieten, erfahren einen Aufschwung, wohingegen Betriebe, die sich nicht weiterentwickeln, vermehrt mit wirtschaftlichem Abschwung rechnen müssen. Wichtig ist vor allen Dingen, das modernste Maschinen, Geräte und Materialien zum Einsatz kommen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Ein Gerät, dass über 140 Jahre fast immer im Gebrauch war, ist vollkommen von der Bildfläche verschwunden, da es den Erfordernissen der Zeit nicht mehr standhielt. Es handelt sich dabei um einen Schmelzofen, den das Museum der Stadt Lennestadt zum „Exponat des Monates Mai“ wählte.
Der vorgestellte Schmelzofen aus den 1950er Jahren, eine Schenkung von Uli Freitag, Bamenohl, an das Museum, ist allerdings erst rund 70 Jahre alt. Trotzdem ist dieses Gerät, so ergaben die Recherchen, heute kaum noch jemandem bekannt. Der Schmelzofen ist besonders geeignet zum Schmelzen von Löt- und Isoliermasse, wie Zinn und Blei. Aber auch kleine Mengen Bitumen konnten mit dem Gerät geschmolzen werden. Dieser Bitumen, welcher bis heute noch Bestandteil von Teer ist, wurde früher für alle möglichen Abdichtungen verwendet. Installateure verwendeten früher Blei zum Abdichten der Abwasserrohre. Diese waren auch bis in die 1960er Jahre aus Blei. Um das Blei flüssig zumachen, brauchte man dann solch kleine Schmelzöfen. Das war die Zeit, bevor es Flüssigkunststoff, Silikon oder andere Dichtungsmaterialien aus Kartuschen gab. Eingesetzt wurden diese Schmelzöfen insbesondere von Dachdeckern, Installateuren, Steinmetzen und auch Bahnarbeitern zum Verlöten von Schienen und Oberleitungen.
Der präsentierte Schmelzofen, der je nach Ausstattung für Benzin oder Petroleum ausgelegt war, besteht aus Stahlblech, ist autogen geschweißt und anthrazit lackiert. Die Aufsatzplatte besteht aus getempertem Gusseisen und die Luftpumpe ist besonders kräftig. Der Brenner wird mittels eines Handrades reguliert. Der Ofen ist 45 cm hoch (ohne Bügel) und hat auf dem Standfuß einen Durchmesser von 21,5 cm, Gewicht 6 kg. Es wird sich bei dem vorgestellten Schmelzofen um ein Produkt der Firma „Vulcano“ handeln, wie aus Vergleichsstücken hervorgeht.
Dieser Schmelzofen ist eigentlich nichts anderes als eine Senkrechtlötlampe. Unter der Verkleidung befindet sich ein senkrecht angebauter Lötbrenner, der wie die anderen Lötlampen mit Spiritus vorgeheizt werden muss. Das Anfeuern ist allerdings ein Ritual. Nachdem das Gerät mit Benzin oder Petroleum betankt war, musste erst einmal Druck aufgepumpt werden. Das Anzündschüsselchen oberhalb des Tanks wurde mit Benzin aufgefüllt und angezündet. Nach einer Aufwärmzeit von etwa fünf Minuten konnte die Hauptdüse geöffnet werden. Wenn diese dann langsam auf Leistung gebracht wurde, kam eine sehr kräftige, gebündelte blaue Flamme heraus, allerdings senkrecht.
Die oben aufsitzende Haube war kippbar. Auf den dann offen liegenden Brenner konnte man dann die unterschiedlich großen Schmelzkessel setzen oder man hielt einen Schöpflöffel über das brennende Feuer. Bei heruntergeklappter Haube, die eine Öffnung als Windschutz aufwies, diente das Gerät auch zum Erhitzen von Lötkolben.
Schweißen und Löten gehört zu einer der wichtigsten technischen Errungenschaften, die aus vielen modernen Produktionsverfahren ebenso wenig wegzudenken ist wie im privaten Bereich. Löten ist eine sehr alte Technik, die nachweislich schon um 5000 v. Chr. und vermutlich auch schon davor bekannt war. Auch im Jahr 1880 ließ die verfügbare Löttechnik noch viel zu wünschen übrig. Der schwedische Ingenieur Carl Richard Nyberg erfand schließlich 1882 den ersten Prototypen einer Lötlampe.
Zusammen mit dem Deutschen Max Sievert aus Zittau wurde ein erfolgreiches Unternehmen gegründet. Unter dem Firmennamen „Max Sievert Stockholm“ wurden von ca. 1930 bis in die 1950er Jahre Schmelzofen für Handwerker produziert. Auch die Firma „Vulcano“, eine Marke von der Firma Ernst Hähnel, gegr. 1885 in Heidersdorf/Sachsen, befasste sich mit der Herstellung von Lötlampen und Schmelzöfen. Weitere Hersteller waren die Firma Hytta-Stuga-Cabana und Barthel, die alle fast baugleiche Öfen herstellten.
Zu sehen ist dieses seltene und kaum noch bekannte Handwerksgerät im Museum der Stadt Lennestadt am Sonntag, den 07. Mai 2017, von 14 -17 Uhr. An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr sowie donnerstags von 9 -12 und 14 -17.30 Uhr geöffnet.
Der Eintritt in das Museum ist frei.
Text: Walter Stupperich
Foto: © Museum der Stadt Lennestadt
Quelle Katalogseite: Sievert GmbH