Exponat des Monats

August 2009

 

 “Kartoffel-Rechenmaschine” aus der Nachkriegszeit,
entwickelt von G. Hoppe

Im Monat August gehen jetzt in Kürze die Schulferien zu Ende. Für die Schulanfänger beginnt mit der Einschulung nun der „Ernst des Lebens“. Bald müssen sie sich auch mit dem Schulfach „Rechnen“ befassen. Das Museum der Stadt Lennestadt stellt aus diesem Grunde eine Rechenmaschine als „Exponat des Monats August“ vor, die im Jahre 1950 von Gustav Hoppe (1912 – 2004), damals Lehrer an der Volksschule in Marmecke, speziell für den Rechenunterricht der Kinder der Grundschuljahre entwickelt worden ist. 

Gustav Hoppe (1962) 

Dieses Rechenmaschinen-System wendet sich insbesondere der Eigenart der Landschulkinder zu. Gustav Hoppe  schreibt dazu 1950 in seiner Begründung für dieses System: „Das Dorfkind lebt in dieser, seiner Welt, vital, zurückhaltend in seinem Wesen, wortkarg und mit Eigenschaften des ländlichen Milieus behaftet, …..“  Gustav Hoppe wählt daher eine Kartoffel als Unterrichtsgegenstand für den Rechenunterricht aus, denn: „…das Landkind kommt das ganze Jahr hindurch mit dieser Frucht in Berührung“.  

 

„Die neu konstruierte Rechenmaschine entwickelte sich“, so schreibt Gustav Hoppe weiter, „aus der Praxis des Rechenunterrichts der Grundschule und dient der Erfassung des Zahlenraumes von 1 bis 10 Millionen mit Hilfe einer Handrechenmethode.“ Das Rechenmaschine-System besteht in seiner Gesamtheit von oben nach unten gesehen aus 70 Rechenkästchen mit Rechenklappen, zwei Fächern mit Schiebefeldern und Schiebetüren und einer Schreibtafel. Die 70 Rechenkästchen mit Rechenklappen bilden durch Längs- und Querleisten 7 senkrechte und 10 waagerechte Reihen. Die 7 senkrechten Reihen mit jeweils 10 Rechenklappen tragen symbolische Zahlenbilder. Auf der oberen Querverbindung sind durch große Druckbuchstaben E., Z., H., T., ZT., HT. und M. (Abkürzungen für Einer, Zehner usw.) angezeigt. Die senkrechte Reihe der „Einer“ zeigt eine Kartoffel, die „Zehner“ zeigt zwei Hände (zehn Kartoffeln passen in zwei Hände), die „Hunderter“ einen Korb (zehn volle Hände füllen einen Korb), die „Tausender“ einen Sack (zehn Körbe passen in einen Sack), die „Zehntausender“ einen Pferdewagen (zehn Säcke kommen auf einen Pferdewagen), die „Hunderttausender“ einen Lastwagen (die Menge von 10 Pferdewagen kann auf einen LKW geladen werden), die „Millioner“ ein Lagerhaus (10 LKW-Ladungen passen in ein Lagerhaus). Mittels der oberen und unteren Schiebefächer, die auch die entsprechenden symbolischen Zeichen tragen, konnte man addieren und subtrahieren. Die Rechenvorgänge werden durch Verschieben und Umklappen der einzelnen Elemente durchgeführt. 

Für die Kartoffel-Rechenmaschine, die ganz aus Buchenholz hergestellt wurde, besteht Gebrauchsmusterschutz (DBGM) Nr. 1 621 476, eingetragen beim Deutschen Patentamt am 5. März 1951. Leider sind bei der ausgestellten Maschine nicht mehr alle Rechenklappen und Schieber mit den entsprechenden Symbolen versehen. Nachdem Gustav Hoppe 1950/1951 die Rechenmaschine entwickelt hatte, begann er damit, die um Marmecke herum liegenden Dorfschulen für dieses Projekt zu begeistern. Ingrid Quinke, seine in Grevenbrück lebende Tochter, erinnert sich heute noch: „Dazu schnallte sich mein Vater die Rechenmaschine auf den Rücken und mich als „Vorführerin“ vorne auf’s Fahrrad, und dann ging es übers Land – mit mäßigem Erfolg. Das Interesse war schon da, aber allen Schulen fehlte Geld. Fördervereine kannte man damals noch nicht.“ Gustav Hoppe, der eine seiner Rechenmaschinen dem Museum der Stadt Lennestadt als Schenkung übergab, wurde geboren 1912 und starb im Jahre 2004 in Grevenbrück. Er war 1948 zunächst Lehrer an der einklassigen Volksschule in Selbecke, bevor er für vier Jahre nach Marmecke versetzt wurde. Nach weiteren vier Jahren kam die Versetzung nach Iseringhausen und damit die Beförderung zum Hauptlehrer. Später wurde er dann Rektor an der Grundschule Drolshagen. Nach seiner Pensionierung zog er 1973 zu der Familie seiner Tochter Ingrid, die mit Franz-Josef Quinke in Grevenbrück verheiratet war. „Eines weiß ich“, so sagt Ingrid Quinke, „mein Vater hat sich später als Rektor immer gerne an die „arme Nachkriegszeit“ erinnert.“ 

Zu sehen ist diese außergewöhnliche Rechenmaschine im Museum der Stadt Lennestadt erstmals am Sonntag, dem 02. August, von 14 -17 Uhr.
An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 -12 u. 14 -16 Uhr
und donnerstags von 9 -12 u. 14 -18 Uhr geöffnet.

Der Eintritt ist frei.