Exponat des Monats

Februar 2012

Eine Schröder-Uhr aus Oedingen – ca. 250 Jahre alt
Erst seit einem halben Jahr ist das Museum der Stadt Lennestadt Besitzer einer etwa 250 Jahre alten Schröder-Standuhr, die es aufgrund einer Initiative des Oedinger Kirchenvorstandes als Leihgabe von der „Katholischen Kirchengemeinde St. Burchard Oedingen“ erhalten hat. Diese Uhr hat seit Generationen im alten Pfarrhaus dieser Gemeinde gestanden. Nach dem Zusammenschluss der Kirchengemeinden Elspe, Oberelspe und Oedingen zum Pastoralverbund Oene-Elspe-Tal und dem Auszug des letzten Pfarrers aus Oedingen ist das Pfarrhaus verwaist und soll nun einer anderen Verwendung zugeführt werden.
Die Uhr ist für die Aufstellung in einer Zimmerecke gearbeitet und erhebt sich so über einem dreieckigen Grundriss. Der untere Teil besteht aus einem breiten Schrank, ähnlich einem Sekretär, der sich oben durch eine schräge Klappe verjüngt. Darüber setzt der schmale Uhrturm an. Die Schrankvorderseiten und der Uhrturm sind reich verziert mit geschnitzten Blütenranken. Das Ziffernblatt der Uhr zeigt in einem äußeren Kreis die Minuten in arabischen Ziffern an, ein Innenkreis gibt in römischen Zahlen die Stunden an. Die Ecken zwischen rundem Ziffernblatt und eckigem Gehäuse werden durch vergoldete Metallverzierungen ausgefüllt, die durchbrochenes Blattwerk und Blüten zeigen. Die Gesamthöhe der Standuhr beläuft sich auf 235 cm, die beiden Seitenschenkel des dreieckigen Sekretärs betagen jeweils 70 cm.
Diese Standuhr wurde etwa in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts hergestellt. Das geht u.a. aus einem Exposé des Erzbistums Paderborn hervor. Aber auch Paul Heimes aus Oedingen kann dieses bestätigen. Er hat das Uhrwerk über Jahrzehnte liebevoll gewartet, gepflegt und auch renoviert. Paul Heimes sagt über das Alter dieser Uhr: „Die Platinen des Uhrwerks sind gehämmert, nicht gewalzt. Aus dem Vergleich mit ähnlichen Uhrwerken kann man in etwa auf das Alter dieser Uhr schließen.“
Hergestellt wurde diese Standuhr von der alten Uhrmacherfamilie Schröder, die in Oedingen ab 1691 nachweisbar ist. Wenngleich auch kein Herstellerzeichen auf der Uhr vorhanden ist, so kann man im Vergleich von technischen Details mit anderen Uhren eindeutig auf die Herstellerfamilie schließen. Insbesondere einzelne Elemente des Laufwerks weisen eindeutig auf die Oedinger Uhrmacherfamilie hin. Besondere Kenntnisse und Anfertigungen in der Uhrenherstellung wurden damals über Generationen hinweg innerhalb der Familien weitergegeben. Gerhard Arens aus Oedingen, der sich mit der Genealogie der Oedinger Uhrmacherfamilie beschäftigt hat, geht davon aus, dass die jetzt im Museum zu besichtigende Standuhr etwa um 1750 von Johann Ludwig Schröder (1718-1778) hergestellt wurde. Die Uhrenherstellung gründete sich häufig auf die Schmiedekunst, wie es sich auch bei der Oedinger Familie Schröder nachweisen lässt. In den Schatzungslisten von 1717 wurden die Uhrmacher zunächst als „Kleinschmiede“ bezeichnet. Wer die Schreiner- und Drechslerarbeiten an den Standuhren mit den oft kunstvollen Schnitzereien durchführte, ist nicht bekannt.
Im kurkölnischen Sauerland wurden von Mitte des 18. Jahrhunderts bis Mitte des 19. Jahrhunderts Uhren gebaut, wie es auch von anderen Mittelgebirgsregionen bekannt ist, z.B. dem Schwarzwald. Sauerländer Besonderheiten waren dabei Uhrenmöbel in Form von Eckschränken, Sekretären sowie von ganzen Schrankwänden. Der Uhrmacherfamilie Schröder kam für die hiesige Gegend eine besondere Bedeutung zu. Sie hatte ein eigenes Absatzgebiet, das die Bereiche von Meschede über Eslohe, Oedingen, Attendorn bis Olpe abdeckte. Die Uhrenherstellung im Sauerland fand dann aber Mitte des 19. Jahrhunderts ein schnelles Ende, als serienmäßig fabrizierte Schwarzwalduhren zum Kauf angeboten wurden. Mit dieser Importware konnte die Sauerlanduhr vom Preis her nicht konkurrieren. Bis zu dieser Zeit jedoch gab es im Sauerland über 50 Uhrmacherbetriebe. Der Uhrmacher Wilhelm Schröder (1825-1891) aus Oedingen reagierte flexibel auf die veränderte Marktsituation, indem er 1864 die Uhrenherstellung aufgab und eine Landmaschinenproduktion aufnahm.
Heute sind die seinerzeit in Oedingen hergestellten Schröder-Uhren sehr teure und beliebte Antiquitäten, von denen es nur noch sehr wenige gibt. (Text: Walter Stupperich)
Zu sehen ist dieses außergewöhnliche Zeugnis alter Sauerländer Handwerkskunst
im Museum der Stadt Lennestadt
am Sonntag, dem 05. Februar 2012, von 14 -17 Uhr.
An Werktagen ist das Museum
dienstags von 9 -12 u. 14 -16 Uhr und donnerstags von 9 -12 u. 14 -18 Uhr geöffnet.