Exponat des Monats

Mai 2013

Wehrmachtskapelle als Kinderspielzeug (um 1930)

Im Gedenken an das Ende des 2. Weltkrieges in diesem Monat vor 68 Jahren stellt das Museum der Stadt Lennestadt als „Exponat des Monats Mai“ ein militärisches Kinderspielzeug vor. Dieses zeigt, wie weit der Nationalsozialismus damals in den Alltag eingedrungen war und schon bei Kindern eine indoktrinierte Wirkung ausüben konnte.

Es handelt sich bei diesem Kinderspielzeug um neun Figuren, die eine Wehrmachtskapelle darstellen. Solche Soldatenfiguren waren in den Kriegsjahren ein beliebtes und verbreitetes Spielzeug, an dem die Faszination des Militärs und des Nationalsozialismus auf breite Bevölkerungskreise festgemacht werden kann. Schon die Kinder sollten frühzeitig mit dem Militär und mit Krieg vertraut gemacht werden. Ziel der Propaganda jener Jahre war es, alle zu mobilisieren und die Kinder als künftige Soldaten einzubinden. Spielzeugsoldaten und anderes militärisches Spielzeug haben in Deutschland eine lange Tradition. Die verheerenden Kriege erforderten es nahezu, den Kindern und Jugendlichen „Krieg und Militär“ nahe zu bringen, man kann sagen, schmackhaft zu machen.

 


Foto: Museum der Stadt Lennestadt

Hergestellt wurden die Figuren von der Firma O. & M. Hausser, Ludwigsburg, unter dem Markennamen „Elastolin“. Das Unternehmen wurde im Jahre 1904 von den Brüdern Otto und Max Hausser gegründet. Es nahm 1910 die Produktion von Gesellschaftsspielen und kleinen Elastolin-Figuren auf. Diese stellten meist Soldaten und Kriegsspielzeug dar. Dem Museum liegt auch der Hausser-Elastolin-Katalog von 1935/1936 vor. Der Katalog trägt den Titel „Was sich die Hausser-Jugend wünscht! – Hausser-Jugend siegt!“ Etwa 1900 Spielzeugfiguren, hauptsächlich Soldaten und Kriegsspielzeug, wurden von dem Unternehmen hergestellt und sind katalogisiert. Die jetzt vorgestellte Wehrmachtskapelle trägt im Katalog den Titel „Musik im Marsch“. Figuren und Katalog sind eine Leihgabe von Peter Güth aus Lennestadt.

Die von der Firma Hausser produzierten Spielzeugfiguren unter dem Markennamen „Elastolin“ sind sogenannte Massefiguren. Sie wurden hergestellt aus einem Masse-Brei, bestehend aus Sägemehl, Kasein, Leim und Kaolin. Im Inneren waren die Figuren durch Draht verstärkt. Zunächst wurde der Brei in Zinn-Formen gegeben, diese anschließend miteinander verbunden und unter Hitzewirkung gepresst. Obwohl andere Figuren-Hersteller ebenfalls Figuren aus Masse herstellten, bezeichnen heute Sammler aus aller Welt umgangssprachlich alle Massefiguren auch über Deutschland hinaus als „Elastolin-Figuren“.

Die Firma Hausser legte bei ihrer Produktion immer hohen Wert auf Qualität und Detailtreue. 1943 musste die Spielzeugproduktion eingestellt werden, die erst 1946/47 wieder aufgenommen wurde. Die Produktion von Kriegsspielzeug war nach dem Zweiten Weltkrieg gesellschaftlich geächtet und teilweise sogar verboten. Nachdem ein Neustart mit zivilen Themen gemacht worden war, konnten im Vorfeld der Wiederbewaffnung beider deutscher Staaten auch wieder militärische Figuren angeboten werden. Mit dem Siegeszug der leichter zu verarbeitenden und stabileren Kunststoffe verschwanden die Massefiguren jedoch in den 1960er-Jahren vom Markt und sind heute gesuchte Sammlerobjekte. Nach vielen erfolgreichen Jahren musste die Firma O. & M. Hausser KG im Jahre 1983 infolge finanzieller Schwierigkeiten die Zahlungsunfähigkeit anmelden. Die Figurenformen wurden von der Firma Preiser aus Rothenburg o.d.T. übernommen und die Figuren werden heute noch unter der Bezeichnung „Elastolin/Preiser“ hergestellt.  (Text: Walter Stupperich)

Zu sehen ist dieses militärische Kinderspielzeug aus den 1930er Jahren im Museum der Stadt Lennestadt am Sonntag, dem 05. Mai 2013, von 14 – 17 Uhr. An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 – 12 und 14 – 16 Uhr sowie donnerstags von 9 – 12 und 14 – 18 Uhr geöffnet.
Der Eintritt ist frei