Exponat des Monats

Oktober 2013

Eine Sofortbildkamera aus dem Jahre 1977

 

Eine etwas andere Art der Fotografie

Haben Sie auch noch alte Polaroidfotos im Schuhkarton? Das sind jene herrlich spontanen Schnappschüsse, die meist innerhalb weniger Minuten vor den eigenen Augen entstanden und häufig einen typischen leichten Grünstich aufwiesen.

Eine Sofortbildkamera des Typs „Polaroid Land Camera 1000“ aus dem Jahre 1977 wählte das Museum der Stadt Lennestadt zum Exponat des Monats Oktober. Sogar ein externes Blitzlichtgerät und eine Ledertasche sind noch vorhanden. Die Fotoausrüstung – heute ein seltener Klassiker – ist eine Leihgabe des Heimat – und Verkehrsvereins Grevenbrück an das Museum. Zur Markteinführung der Kamera  warb damals „Tatort“-Kommissar Haferkamp, alias Hans-Jörg Felmy, erfolgreich für das neue Kameramodell und sorgte für einen hohen Bekanntheitsgrad.

(Foto: Museum der Stadt Lennestadt)

Was war an der Polaroid-Kamera eigentlich so faszinierend? – Mit ihr war es möglich, in kürzester Zeit ein fertiges Foto in Händen zu halten. Dafür nahmen die Fotografen die für heutige Begriffe etwas klobigen Ausmaße des zweifarbigen Kunststoffgehäuses (B: 11cm, H: 16cm, T: 14cm) gern in Kauf. Ein vierlinsiges Fixfocus-Objektiv mit 10,3 cm Brennweite und ein elektronischer Verschluss mit Belichtungszeiten zwischen 1 und ein 1/150 Sekunde ermöglichten Aufnahmen von recht guter Qualität. Bei schlechten Lichtverhältnissen sorgte ein auf das Kameragehäuse aufsteckbares Blitzlichtgerät, hier ein „Polartronic 1“, für eine gute Ausleuchtung.

Die Polaroid-Kamera ist eine Erfindung des amerikanischen Physikers Dr. Edwin Herbert Land. Dessen kleine Tochter wünschte sich sehnlichst eine Kamera, deren Bilder man nach dem „Klick“ gleich anschauen konnte. Land machte sich ans Werk, den Wunsch seiner Tochter zu erfüllen und konnte im Februar 1947 seine Erfindung vorstellen: eine Kamera, die bereits kurz nach dem Druck auf den Auslöser ein fertiges Foto auswarf.

Doch nicht die Kamera war revolutionär, sondern der Film. Etwa 2-3 Minuten nach Betätigung des Abzugs hielt der Fotograf das fertig entwickelte Positivbild der Größe 8 cm × 8 cm als Trophäe in Händen. Stolze Eltern schossen mit der Kamera gern die ersten Kinderfotos ihrer Sprösslinge; Künstler, Architekten und Kriminalkommissare fanden die Schnellknipskiste bald unersetzlich.

Der „Trennbildfilm“ nutzte ein von Dr. Land erfundenes Verfahren zur Schnellentwicklung – zunächst nur für Schwarzweißbilder. Das belichtete Negativ wurde nach dem Fotografieren auf ein Positiv übertragen. Beim Herausziehen des Polaroidbildes aus der Kamera durchlief der Trennbildfilm zwei Stahlwalzen, die eine alkalische Entwicklerpaste gleichmäßig zwischen Positiv und Negativ verteilten. Nach etwa 2 Minuten war das Positiv fertig; man konnte es jetzt abziehen und betrachten.
1963 stellte Land unter der Bezeichnung SX-70 einen sich selbst entwickelnden Farbfilm vor. Auch die Polaroid 1000 war für diesen Filmtyp vorgesehen. Ein Filmpack enthielt eine Batterie von acht bis zehn „Bildplättchen“, die unterhalb des Kameragehäuses in einen Schacht eingeschoben werden konnten. Jedes der Plättchen ist gleichsam ein kleines chemisches Entwicklungslabor bestehend aus farbempfindlichen Silberhalogenid-Schichten, die ihrerseits mit mehreren hauchdünnen Trenn- und Entwicklungsemulsionen verbunden sind – insgesamt 16 Schichten. Eine chemotechnische Meisterleistung!

Anfang der Sechzigerjahre erlebte die Polaroid Corporation in den USA astronomische Zuwachsraten und Erfinder Land wurde zum Multimillionär. Doch um die Jahrtausendwende deuteten sich wirtschaftliche Probleme an. Die Umsatzzahlen sanken und ein Korruptionsskandal erschütterte den Mutterkonzern. Anfang 2008, nach mehr als 60 Jahren, wurde die Produktion der Sofortbildkameras eingestellt.

Das Zeitalter der Digitalfotografie brach an und die Fotowelt hat sich seitdem in wenigen Jahren dramatisch verändert. Die Pixelbilder, mit Digicam oder Smartphone geschossen, sind schon Millisekunden nach dem Druck auf den Auslöser auf dem Display verfügbar. Sie lassen sich vergrößern und verändern und können sofort elektronisch versandt werden. In einer schnelllebigen Zeit sind das unschätzbare Vorteile. Wenn es auch im 21. Jahrhundert noch eine Fangemeinde für die Polaroid gibt, scheint dieser Kameratyp doch längst Geschichte zu sein.
(Text: Franz-Josef Schütte)

Zu sehen ist die „Polaroid Land Camera 1000“ im Museum der Stadt Lennestadt am Sonntag, dem 06. Oktober 2013, von 14 -17 Uhr.

An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr sowie donnerstags von 9 -12 und 14 -18 Uhr geöffnet.
Der Eintritt ist frei.