Exponat des Monats

Juni 2014

Ein Fernsehgerät aus dem Jahre 1952

 

In zwei Wochen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Millionen von Menschen werden sie miterleben, entweder sind sie persönlich dabei oder sie sitzen zu Hause bequem im Fernsehsessel. Eine moderne Möglichkeit ist es, solch ein Ereignis gemeinsam mit Hunderten von Menschen auf großen Plätzen zu erleben, das sogenannten „Public viewing“. Auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft1954 in der Schweiz, also vor genau 60 Jahren, gab es schon Vorläufer dieses „Public viewing“.

Aus vielen Orten des heutigen Lennestadt strömten 1954 die Menschen nach Halberbracht, um die Weltmeisterschaftsspiele zu verfolgen. In der Gaststätte Franz Eickhoff war eines der ersten Fernsehgeräte des Kreises Olpe aufgestellt worden. Thomas Eickhoff, heutiger Inhaber der Gaststätte, hat von seinem Vater gehört, dass das Lokal proppenvoll gewesen sein soll. Die Fans saßen sogar in den Fenstern und standen noch dahinter im Gartenufer. Um die 100 Fußballinteressierte sollen sich hier zu jedem WM-Spiel eingefunden haben.

Dieses erste Fernsehgerät in der hiesigen Region wurde Anfang Januar 1953 von Hugo Kappe, Inhaber des Elektrogeschäftes Kappe in Grevenbrück, im Gasthof Eickhoff aufgestellt. Nur an dieser hochgelegenen Stelle in Halberbracht war ein Empfang aufgrund der großen Entfernung zum Sender Langenberg möglich. Empfangsversuche in Grevenbrück und Elspe führten damals nicht zum Erfolg.

Genau dieses Fernsehgerät, das 1954 die Fußball-Weltmeisterschaft von der Schweiz ins Dörfchen Halberbracht übertrug, ist jetzt als „Exponat des Monats Juni“ im Museum der Stadt Lennestadt zu besichtigen. Es ist eine Leihgabe von Holger Mettner, Enkel von Hugo Kappe und jetziger Inhaber der Firma Elektro-Kappe. Auf dem Umweg über Inzahlungnahme ist dieser Fernseher wieder in den Besitz der Firma Kappe gekommen.

Bei diesem Fernsehgerät handelt es sich um das Philips Fernsehgerät TD 1410 U, Baujahr 1952, mit dem man selbstverständlich nur in schwarz-weiß empfangen konnte. An Farbfernsehen dachte damals noch niemand. Hergestellt wurde das Gerät von der Firma Philips im Werk Eindhoven/Holland. Es war einer der ersten Nachkriegsfernseher in der Bundesrepublik Deutschland. Wegen seiner Gehäuseform erhielt es schon früh den Spitznamen „Starenkasten“. Der Apparat hat fast eine quadratische Form: Breite 43 cm, Höhe 54 cm, Tiefe 45 cm. Die Bildschirmgröße betrug 36 cm. Holger Mettner weiß über dieses Gerät zu berichten, dass im Inneren eine Rechteckbildröhre eingebaut ist. Entgegen der heute üblichen Halbleitertechnik sind in dem Fernsehgerät ausschließlich Elektronenröhren, insgesamt 24 Stück, installiert. Dadurch kommen das Bild und der Ton erst mehrere Minuten nach dem Einschalten an. Eine Besonderheit bietet der Apparat, indem er neben dem Fernsehempfang auch UKW-Hörfunkempfang ermöglicht. Die Anodenspannung des Fernsehers konnte abgeschaltet werden, damit der Bildschirm beim Rundfunkempfang dunkel blieb.

Dieses Modell verließ die Fabrik im Oktober 1952, also gut zwei Monate vor dem offiziellen Beginn des Fernsehens in der Bundesrepublik Deutschland am 2. Weihnachtstag 1952. Und schon im darauf folgenden Monat stellte Hugo Kappe das Gerät in Halberbracht auf.

Bei einem Preis von 1500 DM konnten sich damals nur wenige Menschen einen Fernseher leisten. Unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Jahresgehaltes in 1954 von 4.234 DM  waren das über vier Monatsgehälter. Deshalb standen die ersten Fernseher häufig in Gaststätten, um gemeinsames Fernsehen zu ermöglichen. Es war keine Seltenheit, wenn 30 bis 40 Personen gleichzeitig auf den kleinen 36 cm breiten Bildschirm schauten. Das erste große Medienereignis war die Krönung von Queen Elizabeth II. am 02.06.1953. Dann folgte schon die Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in Bern.

Zu sehen ist dieses wohl älteste Fernsehgerät, dass in der hiesigen Region aufgestellt worden ist, im Alten Amtshaus des Museums der Stadt Lennestadt am Sonntag, dem 01. Juni 2014, von 14 -17 Uhr. An diesem Tag ist auch die Webstube in Betrieb. Den Weberinnen kann bei der Arbeit zugeschaut werden, sie können den Besuchern auch die verschiedensten Webtechniken erklären.
An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr sowie donnerstags von 9 -12 und 14 -18 Uhr geöffnet. Der Eintritt im Alten Amtshaus ist frei.

Text: Walter Stupperich

Foto: © Museum der Stadt Lennestadt