Exponat des Monats

August 2014

1916: Urkunde für eine Goldspende

Im August dieses Jahres gedenken wir der hundertjährigen Wiederkehr des Beginns des Ersten Weltkrieges. Dieser Krieg bedeutete einen Wendepunkt in der modernen Geschichte. Das Museum der Stadt Lennestadt erinnert mit einem Dokument aus jener dunklen Zeit der deutschen Geschichte an den Beginn dieses Krieges. Es handelt sich dabei um eine Urkunde aus dem Jahr 1916, welche die Abgabe von Goldschmuck „zur Stärkung der finanziellen Wehrkraft des deutschen Vaterlandes“ quittiert. Dieser Urkunde ist eine Eisenmedaille beigefügt, die man damals als patriotischen Schmuck tragen konnte. Urkunde und Medaille sind Leihgaben von Engelbert Stens aus Grevenbrück.

Am Nachmittag des 1. August 1914 wurde vor dem Berliner Stadtschloss den wartenden jubelnden Menschenmassen die Mobilmachung Deutschlands gegen Russland verkündet. Bereits am 2. August mussten sich die ersten Wehrpflichtigen beim zuständigen Bezirkskommando melden. Am 3. August marschierten die deutschen Truppen über Belgien nach Frankreich ein. Viele junge Männer meldeten sich freiwillig für den Fronteinsatz. Über Partei-, Standes- und Religionsgrenzen hinweg einte die Kriegsbegeisterung fast alle Deutschen. Nach anfänglich raschem Vorrücken der deutschen Truppen geriet deren Vormarsch auf französischem Boden zum Stillstand. Der Grabenkrieg und die Materialschlacht um jeden Quadratmeter begannen.

Deutschland hatte mit einem schnellen Kriegsende gerechnet. Die Truppe musste aber nun ständig nachgerüstet werden. Hierfür fehlte allerdings das Geld. Die Reichsbank gab daher zunächst Kriegsanleihen aus. Der einfache Bürger hatte aber kein erspartes Geld, das er in Anleihen anlegen konnte. Aber er hatte Schmuck, Besteck und Haushaltsgeräte aus Gold, Silber und Buntmetall. Der Staat nutzte die patriotische Grundstimmung der ersten Kriegszeit aus und erklärte, dass es niederträchtig sei und egoistisch, diesen Schmuck zu behalten, während andere ihr Leben fürs Vaterland hergaben. Gold und Silbergegenstände konnten nämlich zu Barren geschmolzen als Devisen zum Rohstoffeinkauf genutzt werden. Der Druck auf die Bürger, Gold und Silber zu spenden, war groß. Der Staat ging recht raffiniert und wirkungsvoll vor. Er stellte vielfältigen Schmuck aus Eisen her. Wer eine Halskette aus Gold gab, bekam dafür eine Halskette aus Eisen. Goldmünzen wurden durch Eisenmedaillen vergütet. Wer keinen Eisenschmuck trug, galt, weil er offensichtlich keinen Goldschmuck gespendet hatte, als unpatriotisch und wurde gesellschaftlich geächtet. Man hat sich also nicht freiwillig vom Erbschmuck oder wertvollen persönlichen Stücken getrennt, sondern sich schmerzlich dem vom Staat aufgebauten gesellschaftlichen Druck gebeugt.

Auch Fräulein Anna Schneider aus Rahrbach konnte sich dem Druck nicht widersetzen und spendete ihren Goldschmuck. Anna Schneider, eine Großtante des Leihgebers Engelbert Stens und Schwester seines Großvaters Jos. Theodor Schneider aus Förde, war zu jener Zeit Haushälterin bei dem katholischen Pastor Tröster in Rahrbach. Wie aus der vom Museum präsentierten Urkunde hervorgeht, spendete Fräulein Anna Schneider Schmucksachen und bekam dafür eine Vergütung von 6,30 Mark. Die Bestätigung erfolgte durch den „Ehrenausschuß der Goldankaufsstelle“ in Olpe mit Landrat Dr. Freusberg an der Spitze. In einem separaten Anschreiben an Frl. Schneider heißt es: „Der Ehrenausschuss für die Sammlung von Goldsachen im Kreise Olpe hat den Goldwert der von Ihnen eingelieferten Gegenstände auf 6,30 M abgeschätzt. Dieser Betrag wird Ihnen hiermit ausgezahlt. Gleichzeitig überweise ich Ihnen als Erinnerungszeichen an Ihren Beitrag zur Goldsammlung eine eiserne Denkmünze mit der Aufschrift: Gold gab ich zur Wehr, Eisen nahm ich zur Ehr.“

Diese Medaille, von denen es erstaunlicherweise nur noch sehr wenige gibt, besteht aus geschwärztem Eisen und hat einen Durchmesser von 4 cm. Auf der Vorderseite reicht eine knieende, also dem Vaterland dienende Frau in antikischem Gewand, mit der linken Hand ihren Schmuck. Mit der rechten Hand hält sie ein Schmuckkästchen. Oberhalb der Figur stehen die Worte: „In eiserner Zeit“, unterhalb ist die Jahreszahl 1916 angebracht. Die Rückseite zeigt zentral die Inschrift: „Gold gab ich zur Wehr, Eisen nahm ich zur Ehr“. Zwei Eichenzweige ranken darunter. Am unteren Rande befindet sich die Signatur HOSAEUS. Diese Signatur weist auf Kurt Hermann Hosaeus (1875-1958) hin, der diese „Golderinnerungsmünze“ entworfen hat.

Zu sehen sind diese Zeugnisse einer dunklen deutschen Zeit
im Alten Amtshaus des Museums der Stadt Lennestadt
am Sonntag, dem 03. August 2014, von 14 -17 Uhr
.
An Werktagen ist das Museum
dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr sowie
donnerstags von 9 -12 und 14 -18 Uhr
geöffnet.
Der Eintritt im Alten Amtshaus ist frei.

Text: Walter Stupperich
Foto (©): Museum der Stadt Lennestadt