Exponat des Monats

Oktober 2014


Stempeluhr, ca 100 Jahre alt

 

„Time is money!“ Seit der Industrialisierung bestimmt dieses Prinzip zunehmend unser Leben. Um ein Instrument zur Arbeitszeiterfassung geht es bei dem „Exponat des Monats Oktober“. Das Museum der Stadt Lennestadt stellt eine über 100 Jahre alte Stechuhr der Firma Benzing vor.

Die Mechanisierung der Arbeitsprozesse, ihre Taktung in Schichten und die Forderung der Beschäftigten, fair und genau entlohnt zu werden, führte im Laufe des 19. Jahrhunderts zur Entwicklung einer Technik, die Fluch und Segen zugleich werden sollte. Jahrhunderte lang gaben die Kirchen mit ihren Turmuhren und Glocken die Zeitorientierung vor. Mitte des 19. Jahrhunderts begannen die Arbeitgeber damit, am Eingang der Fabrik die Namen der ankommenden Arbeiter aufzuschreiben, was allerdings oft zu Staus an den Eingangstoren führte. Dann versuchte man es mit Schranken vor den Werkstoren, die meist zehn Minuten nach Arbeitsbeginn geschlossen wurden. Die zu spät kommenden Arbeiter wurden identifiziert, notiert und mit den in den Arbeitsordnungen festgelegten Strafen belegt. Die am 20.11.1888 in New York patentierte Kontrolleinrichtung, erfunden von Willard Legrand Bundy, gilt als Meilenstein in der Zeiterfassung. Der „Bundy-Apparat“ hinterließ bei der Betätigung Uhrzeit und Mitarbeiternummer auf einem Papierstreifen. Die Perfektionierung des Systems von Zeitaufzeichnung fand in Uhrenfabriken statt. Führend war in Deutschland insbesondere die Firma Friedr. Ernst Benzing aus Schwenningen, aus deren Produktion die hier präsentierte und um das Jahr 1900 hergestellte Uhr stammt.



Foto (©): Museum der Stadt Lennestadt

Woher hat die Stechuhr, auch anderweitig Stempeluhr oder Kontrolluhr genannt, ihren Namen? Der Große Brockhaus von 1934 bringt Aufklärung: „Stechuhr, eine Wächterkontrolluhr, bei der die einzelnen Kontrollgänge in Form von Löchern in einen laufenden Papierstreifen gestochen werden.“ Bei den später aufkommenden Stempeluhren wird automatisch die Uhrzeit auf eine in das Uhrsystem eingeschobene Karte aus Karton gedruckt. Dabei bewegt sich der Drucker so, dass an jedem Tag des Monats eine andere Zeile der Karte bedruckt wird. Mit dem Stempeln beim Kommen beginnt die Arbeitszeit und mit dem Stempeln beim Gehen endet sie. Meist befindet sich die Stempeluhr im Eingangsbereich der Arbeitsstelle. Sie wird in der Industrie wie im Dienstleistungssektor gleichermaßen eingesetzt.

Heute gibt es Stempeluhren und mechanische Arbeitszeitkontrollen nicht mehr so häufig. Trotzdem erfassen noch die meisten Betriebe weiterhin die Arbeitszeit der Mitarbeiter. Computer und Chipkarte haben Stech- und Stempeluhr abgelöst.

Die in diesem Monat vorgestellte Stechuhr ist eine Dauerleihgabe der Eheleute Marlis und Friedrich W. Gniffke aus Saalhausen. Die Eheleute Gniffke kauften 1975 in Saalhausen ein Wohnhaus mit einer Fabrikhalle. Hier fanden sie diese Uhr vor. In dieser Halle begann im Jahre 1962 Dipl. Ing. Paul Schmidt aus Saalhausen in seiner neu gegründeten Firma „Tracto-Technik Maschinenfabrik GmbH“ die Produktion seiner Bohrer-Ziehgeräte „Tractodrill“. Aus dieser Anfangszeit seines heute weltbekannten Unternehmens stammt die präsentierte Stechuhr. Herr Alois Möser, einer der ersten Mitarbeiter des Firmengründers, berichtet, dass Paul Schmidt die Stechuhr „irgendwoher“ besorgt hatte. Er sagt weiter: „Es gab Schwierigkeiten bei der Anbringung der Stechuhr, sodass wir zunächst unsere Stunden weiterhin von Hand aufschrieben.“

Text: Walter Stupperich

Zu sehen ist dieses über 100 Jahre alte Gerät der Zeiterfassung, das zugleich auch ein Relikt aus der Gründerzeit der Firma Tracto-Technik ist, im Alten Amtshaus des Museums der Stadt Lennestadt am Sonntag, dem 05. Oktober 2014, von 14 -17 Uhr.

An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr sowie donnerstags von 9 – 12 und 14 – 18 Uhr geöffnet.
Der Eintritt im Alten Amtshaus ist frei.