Exponat des Monats

Juni 2015

Reiseapotheke,
über 170 Jahre alt

 

Ein stolzes Jubiläum begeht jetzt im Juni die Apothekerfamilie Dunckel in Grevenbrück. Vor 125 Jahren, am 2. Juni 1890, erhielt Joseph Heinrichs vom bayrischen Staatsminister des Inneren seine Approbation zum Apotheker, nachdem er zuvor an der Königlich Bayrischen Julius-Maximilian-Universität zu Würzburg sein Staatsexamen der Pharmazie bestanden hatte. Somit kann die Familie Dunckel in diesen Tagen ein 125-jähriges Familienjubiläum in ununterbrochener Tätigkeit als Apotheker feiern. Eine Leihgabe der Familie Dunckel an das Museum der Stadt Lennestadt soll als „Exponat des Monats Juni“ an dieses seltene und auch stolze Jubiläum erinnern.

Bei dieser Leihgabe, zur Verfügung gestellt von Apotheker Thorsten Dunckel, handelt es sich um eine alte Reiseapotheke aus dem Nachlass des Apothekers Joseph Heinrichs, der von 1897 bis 1929 Apotheker in Elspe war und Urgroßvater des Leihgebers Thorsten Dunckel ist. Die vorgestellte Reiseapotheke ist eine englische Arbeit, hergestellt etwa um 1840. Solche Apotheken wurden von reisenden Ärzten und Apothekern, aber auch von privilegierten Kaufleuten oder Adeligen auf Reisen mitgeführt. Die Reiseapotheken dienten dem Transport der wichtigsten Arzneien in Fläschchen, Zinnbüchsen und Salbendosen. Des Weiteren enthielten sie wichtige Utensilien zum Mischen und Verabreichen der Mittel.


Foto: © Museum der Stadt Lennestadt

Die dargestellte Apotheke, aus edlem Holz gefertigt in der Größe von 30 x 20 x 28 cm, enthält in den aufklappbaren Kabinetten jeweils sechs Schliffglasflaschen und in einem separaten aufschiebbaren Fach auf der Rückseite noch einmal fünf Flaschen, des Weiteren im Hauptfach sechs Flaschen. In den Schubladen befinden sich nochmals Fläschchen und Salbengefäße. Für die Verabreichung und Dosierung findet man eine kleine Handwaage mit Gewichten, einen Glasmörser, Spatel, einen handgefertigten Hornlöffel und einen Messbecher. Im Oberteil des Deckels ist ein versenkter Metallgriff angebracht, um dieses Behältnis, das ohne Arzneimittel ein Gewicht 9 kg aufweist, besser tragen zu können.

Die Zusammensetzung einer solchen Apotheke variierte natürlich sehr regional und hing zudem von der Solvenz des Reisenden ab. Ähnlich wie heute, war man auch auf Reisen in damaliger Zeit auf das Wesentliche beschränkt. Es wollte genau überlegt sein, welche Arznei verstaut wurde. Der Apotheker verlegte sich hier meistens auf sogenannte „Polychreste“, dies waren „große Mittel“ welche „gut gegen jedes Übel“ waren und deren breiter Wirkung man sich sicher sein konnte. Oft waren dies Arzneistoffe pflanzlicher oder mineralischer Herkunft. Man führte Einzelmittel wie „Camphor“, Kampfer, der anregend wirkt, oder „Alumen ustum“, gebrannten Alaun, der die Vernarbung von Wunden fördern sollte, mit sich. Fertige Rezepturen waren beispielsweise „Unguentum Basilicum“, Basilikumsalbe zum Einreiben bei Entzündungen oder Kopfweh, und „Butyr. Antimon“, ein als „saure Arznei“ bezeichnetes Antimonpräparat, welches bei Bisswunden, Wucherungen und Warzen Anwendung fand. Abgerundet wurden die Reisemittel durch Arzneien gegen Magenbeschwerden (Blutwurz, Enzian, Löwenzahn), Durchfall- und Darmprobleme (Wermut, Zimt, Heidelbeere) und Erkältungserkrankungen bei denen Extrakte aus Thymian, Salbei, Dost und Mädesüß Verwendung fanden.

Welcher der Elsper Apotheker, eine Apotheke gibt es dort seit 1858, zuletzt mit diesem Reiseutensil unterwegs war und wie das gute Stück aus England den Weg ins Sauerland fand, ist leider nicht bekannt. Fakt jedoch ist, dass die Apotheke seit Apotheker Heinrichs zunächst an seinen Schwiegersohn Konrad Dunckel, ebenfalls Apotheker in Elspe und 1953 Gründer der Johannis-Apotheke in Grevenbrück, später an dessen Sohn Dieter und zuletzt an Thorsten Dunckel in nunmehr vierter Generation, von Apotheker zu Apotheker weitergereicht wurde.

Text: Walter Stupperich

Zu sehen ist die heute präsentierte Reiseapotheke, die sicherlich über 170 Jahre alt ist, im Alten Amtshaus des Museums der Stadt Lennestadt am Sonntag, dem 07. Juni 2015, von 14 -17 Uhr.

An Werktagen ist das Museum dienstags von 9 -12 und 14 -16 Uhr sowie donnerstags von 9 -12 und 14 -18 Uhr geöffnet.
Der Eintritt im Alten Amtshaus ist frei.